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!! ACHTUNG!! DIESE SEITE WIRD NICHT MEHR AKTUALISIERT. Bitte wenden Sie sich mit Ihren Anliegen nach dem Ende des Mandats von Dr. Kirsten Tackmann am 26.10.2021 an die aktuelle Linksfraktion im Bundestag. Für die vertrauensvolle Zusammenarbeit und konstruktive Kritik der vergangenen 16 Jahre möchten wir uns an dieser Stelle herzlich bedanken.

Das EU-Zulassungsverfahren hat zu viele Schlupflöcher. Zum Beispiel untersucht die zuständige Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit, EFSA, potenzielle Risiken nicht selbst, sondern prüft nur auf Grundlage der Unterlagen der Hersteller. Das ist weder ein unabhängiges noch ein transparentes Verfahren.

Beratung des Antrags der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu den Entwürfen für eine Durchführungsverordnung und zwei Durchführungsbeschlüsse der Europäischen Kommission über das Inverkehrbringen von Saatgut zum Anbau der gentechnisch veränderten Maislinien MON 810, 1507 und Bt11 (Dokumente SANTE/10702/2016 CIS Rev. 3, SANTE/10704/2016 CIS Rev. 3, SANTE/10703/2016 CIS Rev. 3)

hier: Stellungnahme gegenüber der Bundesregierung gemäß Artikel 23 Absatz 3 des Grundgesetzes

Keine Zulassung der gentechnisch veränderten Maislinien MON 810, 1507 und Bt11 für den Anbau in der EU

Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE):

Das grenzt eher an Arbeitsverweigerung.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das mag bei den Linken so sein!)

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Mit ihrem Antrag wollen die Grünen heute erneut erreichen, dass die Bundesregierung die Anbauzulassung für drei gentechnisch veränderte Maislinien in Brüssel ablehnt, darunter das berühmt-berüchtigte MON 810, das tatsächlich einige Jahre in Deutschland angebaut wurde, bis Ilse Aigner – von der CSU übrigens – als Bundesagrarministerin diese Linie bundesweit verbot,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

weil es neue Hinweise darauf gab, dass die einheimische Insektenwelt eben doch gefährdet ist. Unterdessen sagen übrigens selbst Landwirtinnen und Landwirte, dass sie die Pflanzen überhaupt nicht brauchen.

Alle drei Maislinien stammen aus den einschlägig bekannten Häusern: Monsanto, DowDupont und Syngenta. Allein diese Namen lassen bei mir zumindest die Alarmglocken schrillen.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Aber leider verhindert das EU-Zulassungsverfahren keine riskanten Pflanzen. Das ist das eigentliche Problem. Es hat zu viele Schlupflöcher. Zum Beispiel untersucht die zuständige Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit, EFSA, potenzielle Risiken eben nicht selbst, sondern prüft nur auf Grundlage der Unterlagen der Hersteller. Das ist weder ein unabhängiges noch ein transparentes Verfahren. Andere Risiken werden erst gar nicht geprüft, zum Beispiel Langzeitwirkungen; ethische Bedenken oder Verdrängungseffekte für konventionelle Pflanzenzüchter werden nicht berücksichtigt. Deshalb bleibt die Linke bei ihrer Hauptforderung: Das Zulassungsverfahren muss endlich fit gemacht werden, damit Risikopflanzen gar nicht erst zugelassen werden.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD))

Aber es geht eben um viel Macht, und es geht um viel Geld. Deshalb ist der Widerstand sehr hartnäckig. Aber ich sage auch: Auch wir sind hartnäckig.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der kritische Geist in den Mitgliedstaaten ist längst geweckt. Es ist gut, dass in Brüssel eben nicht die EFSA entscheidet, sondern politische Gremien. Allerdings ist in den politischen Gremien seit Jahren Blockade angesagt, leider mit konzernfreundlicher Unterstützung der Bundesregierung. Sie stimmt einer Zulassung zwar nicht zu, aber weil die Union dafür, die SPD aber dagegen ist, enthält sich die Bundesregierung regelmäßig. Aber damit kommt keine qualifizierte Mehrheit – weder dafür noch dagegen – zustande. Und deshalb kann ebenso regelmäßig die EU-Kommission ersatzweise entscheiden. Diese Ausnahme ist längst zur Regel geworden. Und am Ende – oh Wunder – wird immer zugunsten der Konzerne entschieden. Deswegen ist die Enthaltung der Bundesregierung in Brüssel eine politische Farce.

Aber es geht noch absurder. Dass die Bundesregierung bei diesen drei Maislinien längst weiß, dass die Hersteller die Anbauzulassung gar nicht beantragen werden, ist gerade genannt worden. Das geht über die sogenannte Ausstiegsklausel, das Opt-out. Damit können die Mitgliedstaaten auch nach der EU-Zulassung gentechnisch veränderter Pflanzen den Anbau auf ihrem Territorium verhindern. Dass eine Regierung überhaupt – sei es direkt oder indirekt – Konzerne bitten soll, auf den Antrag für die Anbauzulassung einer Risikopflanze im eigenen Land zu verzichten, ist für mich als Linke, ehrlich gesagt, schon ein ziemlich absurder Vorgang.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Aber wenn die Bundesregierung schon den Anbau im eigenen Land verhindern will: Wieso hält sie die Risiken dann in anderen Ländern für unproblematisch? Mal abgesehen davon, dass länderübergreifende Handelsströme einen Flickenteppich von Regeln ad absurdum führen.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Nein, das ist allzu durchsichtig. Legen wir doch die Karten auf den Tisch. Die SPD kann sich in der Koalition nicht durchsetzen. Die Schlussfolgerung daraus muss sie selbst ziehen. Was aber überhaupt nicht geht, ist, dass heute erneut dem gesamten Parlament die Abstimmung verweigert wird.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wie lange will denn die SPD die Illusion verbreiten, dass die Union irgendwann mal ihre Blockade aufgeben wird? Außerdem haben wir hier doch eine gentechnikkritische Mehrheit. Grüne, Linke, SPD und sogar einige Kolleginnen und Kollegen von CDU und CSU könnten heute hier ein sehr starkes Zeichen setzen. Ich sage ganz ehrlich: Ein selbstbewusstes Parlament muss dieses Zeichen setzen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die gesamte Debatte: 161110_Debatte_Antrag Gruene_Genmais_18199